Open Source als Schlüssel zur digitalen Souveränität

Alexander Winkler leitet bei GISA das Team DevOps Engineering. Dieses sorgt dafür, dass Leistungen in der Cloud sicher bereitgestellt werden. Welche Rolle dabei Open Source einnimmt und wieso er selbst für OSS brennt, erklärt der 36-Jährige im Interview.

Alexander, wie sah dein Weg bei GISA bislang aus?

Im Rahmen meiner Abschlussarbeit kam ich im März 2012 als Praktikant zu GISA. Ein halbes Jahr später und nach dem Ende meines Informatik-Studiums bin ich bei GISA direkt in die Fachkarriere eingestiegen. Fünf Jahre später folgte dann die Möglichkeit, mich als Führungskraft technischer Teams beweisen zu dürfen. Diese Rolle habe ich seitdem inne und übernehme zusätzlich Verantwortungen für Produktmanagement.

Was umfasst dein Aufgabengebiet bei GISA?

Mein Team DevOps Engineering und ich konzentrieren uns voll darauf, Leistungen aus dem eigenen Data Center und aus Clouds von Anbietern wie Amazon und Microsoft skalierbar, sicher und vor allem vollautomatisiert für unsere Kunden bereitstellen zu können. Dabei verheiraten wir Aufgaben der klassischen Systemadministration mit agilen Arbeitsmethoden, Microservice-Konzepten und Entwicklungsrichtlinien.

Welche Rolle spielt hierbei Open Source, und welche Bereiche bei GISA profitieren davon besonders?

Seit mehr als zehn Jahren basieren die Tools zur Bereitstellung von Servern auf Open-Source-Software, es ist aus dem Arbeitsalltag und damit der Serviceerbringung nicht mehr weg zu denken.

Neben uns spüren das aber auch unsere Kunden z.B. beim Einsatz freier Betriebssysteme auf Open-Source-Virtualisierungsplattformen. Anstatt Lizenzkosten an Microsoft, Broadcom und Co. abzugeben, können wir unseren Kunden kostengünstigere Alternativen anbieten. Durch die sehr hohe Marktdurchdringung und  frei verfügbaren Code findet man häufig sogar schneller eine Fehlerbehebung, als sie ein Enterprise-Support erarbeiten könnte.

Darüber hinaus habe ich große Hoffnung mit der strategischen Ausrichtung von GISA, endlich auch bei Open Source mitzumischen – auch um Kunden in unserer Kernbranche Public Sector künftig noch umfassender beraten und begleiten zu können.

Welchen Stellenwert nimmt Open Source bei öffentlichen Auftraggebern ein?

Open Source rückt im Public Sector – auch aufgrund der Kampagne „Public money, public code“ – zunehmend in den Fokus. Hierzu muss ich kurz ausholen:
In den vergangenen Jahren und in den meisten Branchen wurde Open Source Software (OSS) stets als minderwertig und unzuverlässig angesehen, da keine große Firma dahinter steht, die im Störfall Support und Hilfe anbietet. Außerdem haben einzelne Organisationen wie Kommunen, Städte und Länder stets die „für sich“ optimale Software und Lösung finden wollen. Das sorgte für zum einen für Monopole bei Spezialsoftware, zum anderen aber auch für verschiedene Individualentwicklungen mit gleichen Funktionen in unterschiedlichen Bundesländern. Unterm Strich also für unnötige Steuerausgaben, die wir alle bezahlen.

Mit der Gründung des Zentrums für Digitale Souveränität der Verwaltung versucht der Bund, Open Source und Zusammenarbeit zu stärken. Das Ansinnen: Öffentliche Auftraggeber sollen die Vorteile von Open Source Software erkennen und Gelder dort investieren. In der Schweiz hat man dies bereits 2023 gesetzlich verankert. So weit ist Deutschland leider noch nicht. Hier setzt die Open-Source-Bewegung an. Mit ihren Entwicklungen stärken wir zudem unseren eigenen IT-Markt und die hiesige Fachkräfteentwicklung anstatt Software gar aus dem Ausland zu beziehen.

Woher kommt dein Interesse für Open Source? Was fasziniert dich daran?

Open Source beschäftigt mich bereits seit der Schulzeit. Als ich damals Linux auf dem Heim-PC ausprobiert und dabei alle Daten meiner Eltern gelöscht habe, war mir der eigentliche Umfang natürlich nicht ansatzweise bekannt. Richtig in Berührung kam ich mit Open Source erst, als ich für meinen Freundeskreis diverse Gaming-Server betrieben habe. Hier ging es bereits um Optimierungen und Verbesserungen: In Foren hat man sich in kleinem Maß ausgetauscht, versucht, besseren Code zu schreiben und diesen anderen zur Verfügung gestellt.

Während des Studiums habe ich dann erstmals Verbesserungen zu öffentlich zugänglichen Projekten beigesteuert. Diese „Schnipsel“ heute noch unter Wartung und im produktiven Einsatz rund um die Welt zu sehen – das ist schon cool!

Inwiefern unterstützt dich GISA dabei, diese Leidenschaft beruflich auszuleben?

Der Einsatz von Open Source Software war bei GISA noch nie ein Problem. Jedoch war es mangels getroffener Regularien bislang nicht möglich, unsere Erkenntnisse und Verbesserungen an die Open-Source-Community zurückzugeben. Glücklicherweise hat GISA 2024 mit der Arbeitsgruppe „Open Source“ die Weiterentwicklung des Feldes als offizielles Strategieziel ausgesprochen und sorgt für Bekenntnis. Bei meiner Mitarbeit in dem Team versuchen wir aktuell, den rechtlichen Grundstein zu legen, damit GISA-Mitarbeitende sich offiziell an Projekten beteiligen dürfen und damit GISA selbst als Anbieter von Open Source Software auftreten kann. Wir haben hier schon viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter bei GISA gefunden, die mit den Füßen scharren, um loszulegen!

Inwiefern konntest du dich bei GISA  fachlich und persönlich in diesem Bereich weiterentwickeln?

Der Kontakt mit Open Source Software hat im zurückliegenden Jahr, nicht nur wegen der Solution Line, sondern auch wegen meines neuen Teams DevOps Engineering, enorm zugenommen. Während ich selbst nur noch privat „mit Code arbeite“, sehe ich, wie sich die Grundprinzipien von Open Source immer stärker in den Köpfen verankern und die Zusammenarbeit fördern. Der Gemeinschaftsgedanke wird stets stärker, wobei man den gegenseitigen Einfluss aus Softwareentwicklung und Systemadministration immer gegeneinander abwägen muss. Auf Krampf „die neusten und besten“ Tools und Arbeitsmethoden einzuführen, macht nur Sinn, wenn alle Mitwirkenden einen Mehrwert verspüren. Dementsprechend sehe ich bei der Arbeit mit OSS auch eine Weiterentwicklung der sozialen und der Führungskompetenzen.